FREIRAUM
Rebranding
Teil 6 – der richtige Grad der Veränderung
Wie stark ein Rebranding verändern darf
Ein Rebranding ist ein wichtiges Instrument in der Markenführung. Frequenz und Ausmaß sind strategische Entscheidungen. Der Charakter der Marke ist maßgebend.
Was nicht bedeutet, dass Zeitpunkt oder der Grad der Veränderung nicht ebenso von außen beeinflusst oder bestimmt werden kann.
In der Regel unterziehen moderne Unternehmen ihrer Marke häufiger einem signifikanten Rebranding. Traditionsunternehmen hingegen tun sich schwerer, ihr Markenbild spürbar zu verändern. Warum sollten sie das auch tun? Eine gute Frage. In diesem Blogbeitrag finden Sie Antworten.
Innovatives Design als Teil der Marken-DNA
Unternehmen, die Innovation im Wesen der Marke – Brand Purpose, Mission oder Positionierung – verankert haben, sind gefordert, auch so aufzutreten. Das Unerwartete wird erwartet. Um diesen Ansprüchen gerecht zu werden, ist die ständige Neufindung der Marke Teil des Erfolgsrezepts. Deutliche Veränderungen sind geradezu normal. Spektakuläre Rebrandings beweisen angemessenen Innovationsgeist.
Eine Marke, die besonders oft in diesem Zusammenhang genannt wird, ist Apple. Bezeichnend ist die Weiterführung des jeweils aktuellen Brandings im Produktdesign.
Die Mutigen
Nicht dem Trend folgen. Trends setzen
Die Zeitgemäßen
Andere Marken wiederum gehen ihrer Zielgruppe angepasst mit der Zeit. Wo liegt denn jetzt genau der Unterschied? Unternehmen wie Apple oder Nike geben Tempo und Kurs vor. Die Kunden sind diejenigen, die folgen.
Bei Marken mit Traditionscharakter verhält es sich genau umgekehrt. Trends und Zielgruppe geben dem Unternehmen Dimension und Dringlichkeit vor. Charakteristischerweise reagieren Kunden empfindlich auf Veränderungen. Deshalb sind revolutionäre Veränderungen bei Traditionsmarken nicht zielführend.
Der Versuch, aus diesem Schema auszubrechen, ohne die Marke gleichermaßen neu zu positionieren, kann unangenehm werden. Ein perfektes Beispiel dafür hat der Cola Konkurrent Pepsi mit dem Rebranding 2009 geliefert. Das echt fette Logo und die Geschichte dazu finden Sie hier in Beispiel 7 der Rebranding Worst Cases.
Die Trendigen
Irgendwo zwischen Trendsetter und angepasst finden sich die “trendigen” Marken. Detailreichtum und Verspieltheit lassen sich immer schlechter mit Wiedererkennungswert vereinbaren. Daraus resultiert die Tendenz, Logos zu vereinfachen.
Mit steigender Wichtigkeit von mobilen Geräten und den dazugehörigen App-Icons hat die Simplifikation zusätzlich Bedeutung gewonnen. Die Notwendigkeit von Veränderungen wird von der Zielgruppe zwar kritisch betrachtet, aber verstanden.
Greller, klarer, kompakter, geradliniger und Icons.
Die Emotionalen – Charakter im sprichwörtlichen Sinn
Bei Marken mit Maskottchen-Charakter ist die Vereinfachung eine heiklere Angelegenheit.
Das Beispiel Pringles zeigt das ganz gut. Obwohl die Umsetzung grafisch gelungen scheint, ist bei der Fangemeinde die Radikalkur mit Haarverlust von Mr. P gar nicht gut angekommen. Die Veränderung nach 20 Jahren war zu drastisch.
Starbucks hat in der Rebranding Geschichte des Unternehmens bisher alles richtig gemacht. Die Umsetzung ist beispielhaft für ein erfolgreiches Rebranding.
Branchentrends
Vereinzelt entwickeln sich Trends auch branchenspezifisch. So lange keine Verwechslungsgefahr herrscht, kann das sogar von Vorteil sein. Der gemeinsame Daseinszweck wirkt wie ein Verstärker. Nach dem Prinzip: Kennt man eines, kennt man alle.
Browser Logos 2022
Raumfahrtbehörden Logos 2022
Zwingende Korrekturen
Im Rahmen der #blacklivesmatter Bewegung, die 2020 großen Schwung aufgenommen hat, sind einige Traditionsmarken in Zugzwang gekommen. Bekannte Marken wie “Uncle Ben’s” und “Aunt Jemima” haben schnell reagiert und ein Rebranding umgehend angekündigt, um zunächst den Druck zu mindern. Beide Markenbilder gründen auf einem Rassen-Stereotyp. Daher führt ohnehin kein Weg an einem Rebranding vorbei.
Seit 2021 präsentieren sich beide Marken mit neuem Erscheinungsbild.
Aunt Jemima hat sich sowohl vom Markennamen als auch vom Logo getrennt. Die Flucht nach vorne führt in diesem Fall zurück zu den Wurzeln. Die Pearl Milling Company wurde 1888 in St. Joseph, Missouri, gegründet und gilt laut PepsiCo als Erfinder der Pfannkuchen Mischung, die später als Aunt Jemima bekannt wurde und jetzt wieder Pearl Milling Company heißt. Meines Erachtens sieht man dem Ergebnis den Zeitdruck an.
Um den Wiedererkennungswert so gut wie möglich zu erhalten, ist das Packungsdesign nur geringstmöglich verändert worden.
Uncle Ben’s hat sich einer weniger radikalen Veränderung unterzogen. Der prägnante Namensteil “Ben’s” ist erhalten geblieben. Wessen Onkel das ist, interessiert ohnehin nicht und auch nicht, wie er aussieht. Das stereotype Markenbild ist verschwunden. Insgesamt eine sehr gelungene Umsetzung. Auch der Wiedererkennungswert ist da.
Bei Betrachtung der historischen Logos wird die Problematik deutlicher sichtbar. Der stereotype Charakter ist nicht von der Hand zu weisen.
Marken und Packungen im Handel
Unabhängig, ob der neue Markenauftritt den Kunden gefällt, sind Packungsdesigns ein eigenes Thema. Warum ist das so? Artikel, die, ohne groß darüber nachzudenken, aus Gewohnheit oder Markentreue gekauft werden, müssen im Regal auch ohne Aufwand und auf den ersten Blick gefunden werden. Was passiert, wenn das nicht so ist, hat das Rebranding von Tropicana bewiesen.
Wie man es nicht macht …
hat Tropicana 2009 sehr eindrucksvoll gezeigt. Die News Headline im Original “far from fruitful” trifft es auf den Punkt.
Obwohl 35 Millionen Dollar in die Rebranding-Kampagne geflossen sind, erlitt das Unternehmen einen Umsatzverlust von 20 % innerhalb der ersten zwei Monate nach dem Rebranding. Was war schuld an dem Desaster? Die Packungen wurden bei der Neugestaltung fatalerweise jeglicher Wiedererkennung beraubt.
Die Botschaft ist angekommen. Als Konsequenz wurde das Rebranding wieder zurückgenommen.
Erfahren Sie im 2. Teil unserer Rebranding Blogreihe – Checkliste für ein erfolgreiches Rebranding alles darüber, wie Sie mögliche Stolpersteine vorzeitig entdecken und vermeiden können.
Alin Rössler
Freiraum – der Marketing Blog für mehr Rückenwind
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